Jesus hatte möglicherweise eine Ehefrau
War Jesus verheiratet? Einige frühe Christen gingen nach Angaben einer US-Expertin davon aus. Ein auf einem Stück Papyrus geschriebener Text in der Sprache der koptischen Christen in Ägypten lautet: „Jesus sagte zu ihnen: Meine Frau“.
Wie man mit der steilen These, Jesus habe Maria Magdalena geheiratet und das merowingische Königshaus begründet, viel Geld scheffeln kann, machte Dan Brown mit seinem Bestseller „Sakrileg“ vor. Dass Fragen nach Jesu Verhältnis zum anderen Geschlecht aber nicht nur Verschwörungstheoretiker und verrückte Gralssucher auf den Plan locken, sondern durchaus auch seriöse Wissenschaftler, beweist ein vergilbter Papyrusfetzen aus dem vierten Jahrhundert, den Karen King, eine Historikerin der Universität Harvard, untersucht und nun in Rom vorgestellt hat.
„Jesus sagte zu ihnen: „Meine Ehefrau …“, steht auf dem 3,8 mal 7,6 Zentimeter großen, in koptischer Sprache verfassten Schriftstück, dessen Eigentümer anonym ist. King ist überzeugt, dass es sich bei der „Ehefrau“ um eine „Maria“ handelt, also eine weibliche Person mit gleichem Vornamen wie Maria Magdalena. Dass Jesus verheiratet gewesen sei, lasse sich aus dem Text aber nicht ableiten, räumt sie ein.
Sehr wohl zeige das Fragment dagegen, dass bereits das frühe Christentum über die Rolle der Frau gestritten habe. Jesus habe sie für würdig befunden, zu seinen Jüngern zu gehören, sagt die Historikerin und verweist auf eine Passage im Dokument.
Unbefangener Umgang mit Frauen
Wirklich neu ist das nicht. In den Evangelien finden sich viele Belege für den völlig unbefangenen Umgang Jesu mit Frauen. Bei Marta und Maria in Betanien fühlt er sich besonders wohl. Frauen bewahren Jesus bis unter das Kreuz die Treue, sie erfahren als Erste von seiner Auferstehung. Und Maria Magdalena ist es schließlich, die dem Auferstandenen als Erste begegnet.
Weil Jesus kein Problem mit Frauen hatte, hätten die frühen Christen gar keinen Grund gehabt, eine Ehefrau Jesu zu verschweigen, sagen Bibelwissenschaftler. Wenn der Papyrus-Fund etwas aussage, dann, dass es in den ersten Jahrhunderten keine eine und wahre Deutung des Christentums gab, sondern die Vorstellungen viel bunter waren, als es die Lehren der Kirchen heute vermuten lassen.